Du hast deine Fläche erfolgreich vom Beton oder Pflaster befreit? Jackpot! Aber: Nur weil der Boden wieder atmen kann, ist er noch lange kein Paradies für Wildbienen & Co.
Wenn du aus der grauen Fläche einen echten Lebensraum machen willst, musst du ein paar Dinge beachten – und zwar gleich am Anfang. Denn die traurige Wahrheit ist: Viele gute Absichten landen wieder in der Biotonne, weil schlicht das Wissen fehlt, wie’s richtig geht.
📎 Du musst noch abpflastern? Dann lies hier mehr dazu →
Hier kommt dein Spickzettel für naturnahe Flächen, die funktionieren – ökologisch und ganz praktisch:
1. Unterboden erhalten – nicht austauschen!
Der ursprüngliche Unterboden ist oft genau das, was Wildpflanzen lieben: mager, durchlässig und (noch) frei von Unkrautsamen. Du solltest ihn nur lockern, aber auf keinen Fall durch Mutterboden ersetzen!
👉 Warum kein Mutterboden?
Der ist in der Regel viel zu nährstoffreich – was genau das Falsche ist, wenn du Artenvielfalt fördern willst. Außerdem bringt er eine ordentliche Portion Unkrautsamen mit sich. Und zack – hast du statt eines Wildstaudenbeets eine Giersch-Feldstudie am Start.
💡 Exkurs: Was sind eigentlich Magerbeete?
Magerbeete sind nährstoffarme, gut durchlässige Pflanzflächen – und echte Hotspots für die Biodiversität!
Sie bieten ideale Bedingungen für heimische Arten, die auf nährstoffarmen Standorten wachsen: Sand-Thymian, Kartäusernelke, Wiesen-Salbei und viele mehr.
Diese Pflanzen haben es gerne „karg“ – sie konkurrieren nicht gern mit wuchsstarken Arten und locken mit ihrem Nektar Spezialisten unter den Insekten an, die du mit Standardbeeten nie sehen würdest.
2. Nur mineralisch auffüllen – bitte keinen Deko-Schotter!
Wenn du die Fläche trotzdem etwas aufbauen musst, greif bitte nicht zum Baumarkt-Kübel mit Zierschotter aus Übersee, sondern zu ganz einfachem Mineralschotter 0/32 oder Kies 0/16, wie man sie im Straßenbau kennt.
👉 Was heißt eigentlich „Nullanteil“?
Das bezeichnet den feinsten Kornanteil, der das Material gut bindet und stabil macht – perfekt für dein naturnahes Mager-Substrat.
📎 Mehr dazu in meinem Glossar-Beitrag →
Und das Beste: Diese Materialien bekommst du regional im Kieswerk – ohne Mikroplastik, ohne Farbanstrich, ohne Schnickschnack und echt günstig. Am besten bringst du zum Kieswerk z. B. einen 90-Liter-Kübel im Kofferraum mit und füllst ihn vor Ort mit der Schaufel. Größere Mengen lässt du dir besser liefern.

3. Kompostschicht obendrauf – das war’s schon!
Je nach Lichtverhältnissen deines neuen Beetes kannst du jetzt mit einer dünnen Schicht gütegesicherten Komposts arbeiten:
- Sonnige Flächen: etwa 3–4 cm Kompost gleichmäßig verteilen und mit einer Harke etwas „unterrühren“
- Schattige Bereiche: hier können bis zu 10 cm Kompost verteilt werden
Einfach leicht einharken, bis es gleichmäßig verteilt ist – und fertig ist dein Substrat zum Bepflanzen. Du brauchst keine teure Spezialerde, keinen Dünger, nüscht. Nur Boden und Kompost – wie früher.
4. Heimische Wildpflanzen statt Gartencenter-Glanz
Jetzt können die Pflanzen kommen, aber: Bitte keine „Bienenfreundlich“-Etiketten aus dem nächstbesten Baumarkt oder Gartencenter kaufen! Viele dieser Pflanzen sind wahre Chemiebomben, oft mehrfach mit Pestiziden gegen Schädlinge behandelt, und bringen unseren heimischen Insekten genau: nichts. Noch ein Nachteil: Gartencenter-Pflanzen werden oft „auf Blüte“ hochgetuned und haben danach ihr Pulver verschossen – also nix mit dauerhaft und nachhaltig!
👉 Kauf stattdessen zertifizierte heimische Wildstauden – am besten aus regionalem Anbau.
📎 Warum das wichtig ist, erkläre ich hier → Artikel zu insektenfreundlichen Pflanzen
📎 Und hier erfährst du, worauf du beim Saatgut achten solltest → Mein Saatgut-Guide
💡 Warum heimische Wildpflanzen? Weil unsere Insekten sie brauchen. Sie haben sich über Jahrtausende gemeinsam entwickelt – viele Wildbienenarten sind auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Exoten wie Geranien, Begonien, Rudbeckien oder Petunien sehen nett aus, sind aber für die meisten heimischen Bestäuber wertlos – wie Plastikobst auf einem Frühstückstisch.
5. Pflege: Deine Fläche braucht dich!
Wenn du jetzt nach dem Pflanzen denkst: „So, das war’s – Natur, mach mal“, dann wird es leider nicht funktionieren.
Eine neue Fläche braucht Pflege, Geduld und Struktur. Gerade in den ersten Jahren ist die sogenannte Entwicklungspflege wichtig:
- Unerwünschte Arten wie Quecke, Löwenzahn oder Ampfer etc. regelmäßig kontrollieren und jäten
- Größere Flächen 1–2 Mal jährlich mähen (je nach Fläche)
- Nach dem Mähen Schnittgut entfernen!
📎 Typische Fehler und wie du sie vermeidest → Mein Artikel zu Blühwiesen-Fails
6. Die richtige Pflanzdichte: Mehr ist mehr!
Ein typischer Fehler: Du bestückst die neue Fläche mit zu wenigen Pflanzen. Und dann wächst nicht viel – außer dem „Unkraut“.
Richtwert für die Bepflanzung (hängt aber natürlich auch von den Pflanzen und ihrer potenziellen Größe ab):
- Sonniger Standort, du verwendest kein zusätzliches Saatgut: 7-8 Stauden/qm
- Schattenstandort: gern noch dichter, ruhig 8-10 Stauden/qm!
- Sonniger Standort + du streust Saatgut dazwischen aus: mindestens 5 Stauden pro Quadratmeter
So schließen sich die Lücken zwischen den Pflanzen schnell, du musst weniger jäten – und das Beste: Du brauchst keinen Mulch!
(Okay: Kiesmulch in Maßen ist erlaubt. Aber bitte Hände weg von Mulch-Folien – deine neue Fläche braucht einfach kein Mikroplastik, keine Staunässe, mit anderen Worten: Das ist einfach ökologischer Unsinn.)
Fazit: Natur braucht Struktur
Die Entsiegelung war der erste Schritt – jetzt kommt der zweite: bewusste Gestaltung mit Pflanzen.
Mit durchdachtem Bodenaufbau, den richtigen Pflanzen, Pflege und ein bisschen Know-how wird aus deiner Fläche ein Ort, an dem Biodiversität nach dem Abpflastern wirklich leben kann.
Du willst loslegen oder brauchst Hilfe bei der Planung?
👉 Meld dich gern – ich begleite dich auf deinem wilden Weg.