Es gibt Trends, die so viel mehr sind als „Öko-Aktivismus“ – sie haben das Zeug zur echten Umweltbewegung. In den Niederlanden nennen sie es Tegelwippen („Platten kippen“) – eine Art kollektiver Großangriff auf versiegelte Flächen. Pflastersteine raus, Stauden rein, Nachbar:innen klönen, Kinder rennen durch die freien Lücken, und alle haben so richtig Spaß und eine gute Zeit zusammen. Und am Ende ist das Viertel schöner!
Jetzt kommt das Ganze als Abpflastern endlich nach Deutschland. Und was mich daran am meisten begeistert? Nicht nur der kollektive Beitrag zu hoch gerankten Klima-Zielen, sondern das entstehende Gefühl: Wir machen das hier zu Hause gemeinsam!

💚 Entsiegeln mit Herz und Muckis: Abpflastern ist mehr als Ökobilanz-Beitrag und Schwammstadt-Ziel
Wenn wir an Entsiegelung denken, gehen uns ja oft gleich unsexy Begriffe wie „Hochwasserschutz“, „CO₂-Bilanz“ oder „Schwammstadt“ durch den Kopf. Alles wichtig, aber ehrlich? Was uns richtig antreibt, ist doch eher der Gedanke, mit den Händen Veränderung zu schaffen:
- Regenwasser, das versickert und verdunstet, statt ungenutzt in Kanalrohren zu verschwinden
- Grün-bunte Sprenkel in der grauen Stadt, die wir selbst gestaltet haben
- Lebendige Treffpunkte für Menschen und Insekten gleichermaßen, an denen wir mitgemacht haben!
Und genau hier setzt der Community-Boost an: Wenn du zusammen mit Freund:innen, Mitbewohner:innen Nachbar:innen eine Pflasterfläche befreist, kannst du ziemlich schnell erleben, wie statt kahlen Steinen Leben sprießt – und wieviel Laune es macht, dieses kleine (oder größere!) Stückchen Natur und Gemeinwohl zu erschaffen.
🇳🇱 Tegelwippen in den Niederlanden: Eine nationale Vorgarten-Party
Seit 2020 tobt in den Niederlanden die Tegelwippen-Bewegung. Halt, nein: Es ist längst ein nationaler Wettkampf und heißt auch so! Mittlerweile werden 50 % der Kommunen zu temporären Open-Air-Werkstätten. Die flämischen Nachbarn in Belgien haben längst nachgelegt. In diesem Jahr treten die lage landen erstmals gegeneinander an! Und da wird natürlich von allen alles gegeben:
- Nachbarschafts-Runden: Whatsapp-Gruppen gehen steil, wenn die Kommunen jedes Frühjahr wieder zum Tegelwippen aufrufen.
- Familien- und Freundes-Teams: Omas gegen das Fußballteam von nebenan, Kitagruppe gegen die lokale Koch-AG.
- Music, BBQ & Kinderlachen: Auf den Fotos (siehe unten!) sieht man lachende Gesichter, Kinder, die Steinlücken als Spielfläche nutzen, und überall frisches Grün in den kleinsten Flächen.
- Humorvolle Prämierungen: Die originellste Beetgestaltung, der wildeste Mix aus Stauden und Gräsern, die lustigste Verkleidung beim Steine entfernen – Hauptgewinn: Blumen-Gutscheine und natürlich die Goldene Gießkanne! – steigern die Motivation zusätzlich.
Der Community-Spirit ist der wahre Motor dieser Bewegung: gelebter Klimaschutz – aber mit Party und Glitzer statt Zeigefinger und PowerPoint!

Hamburg rollt den roten Teppich aus: Abpflastern goes Nord
In Deutschland hat das Tegelwippen unter dem Begriff Abpflastern bisher schon kleinere Kreise gezogen. Ein Team von der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Koblenz stellt sogar die Wettbewerbs-Seite nach niederländischem Vorbild! Hier kannst du deutschlandweit für deine Kommune ins Rennen gehen.
Mit Hamburg startet jetzt ganz frisch das erste Bundesland: Die BUKEA (Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft) hat ein Förderprogramm aufgelegt, das bis zu 50 % der Kosten für Privatpersonen übernimmt und Nachbarschafts-Teams mit Werkzeugkoffern sponsert.
Gleich drei großartige Preise werden vergeben:
- Der „Goldene Spaten“ ist im Rennen für den Bezirk mit der meisten entsiegelten Fläche
- Die „Goldene Gießkanne“ geht an den Stadtteil mit der meisten entsiegelten Fläche
- Die „Goldene Harke“ geht an den Flächensieger unter den Privatperson und Unternehmen
Also, wenn du in Hamburg bist und mitmachen möchtest, gibt es hier alles, was du wissen musst!
👉 Mehr Infos zum Hamburger Programm beim NDR!
👉 Übrigens: Schon seit 2022 setzt sich ein echter Ehrenmann, nämlich der Schüler Toni Will aus Altona, dafür ein, dass das Tegelwippen nach Hamburg kommt!
🛠️ DIY-Anleitung: Ganz einfach – Abpflastern in fünf Schritten
Du willst sofort loslegen? Kein Problem! Hier kommt die Anleitung für deinen eigenen kleinen Pflaster-Befreiungsschlag:
- Pflaster lockern
Nur der erste Stein ist Gepopel, dann wird’s leichter: Mit einer Spatenkante, Meißel, Spitzhacke (oder was dir sonst einfällt) den Stein oder die Platte Stück für Stück anheben, bis man sie packen kann. (Kaputt hämmern geht natürlich auch.) Die nächsten Steine von unten anheben und raus damit. Wer keine halben Sachen macht, rückt auch Asphalt und Betonflächen mit dem Stemm-/Bohr-/Abrisshammer zu Leibe. - Boden auflockern
Eine Grabegabel oder ein Sauzahn sind deine Freunde. Damit lockerst du verdichtete Schichten und sorgst für gute Durchlüftung. - Unterbau auffüllen
Sand, Kies, Split – mit gütegesichertem Kompost auffüllen, gut durchmischen und fertig ist ein neues Magerbeet! Denk dran: Mit dem guten „Mutterboden“ holst du dir auch gerne nicht so beliebte Beikrautsamen in die neue Pflanzfläche. - Pflanzen einsetzen
Wurzelballen lockern, die Pflanze tief genug einsetzen und gut andrücken. Meine Favoriten je nach Standort: Katzenminze, Ziest, Rote Lichtnelke, Schnee-Marbel, Immenblatt oder Nesselkönig – auf jeden Fall heimische Wildpflanzen. Die sind robust, trockenheitsverträglich, bienenfreundlich. Und du kannst direkt nach dem Pflanzen eine kleine Pflanz-Patenschaft im Kiez aushängen. Mehr Pflanzen-Ideen mit Wert für die Tierwelt findest du auf der NaturaDB. - Gießen und genießen
Neu gesetzte Pflanzen richtig gut wässern (wenn du die Pflanze tief genug gesetzt hast, läuft das Wasser wie in einem Trichter zur Pflanzenmitte – so soll es sein) und in den nächsten Tagen bei Bedarf nachgießen. Drumherum kann auch Saatgut von Wildpflanzen ausgebracht werden.
Tipp: Schnapp dir Nachbar:innen, stellt eine Bierzeltgarnitur auf, macht Musik an – so wird aus Arbeit eine Party!

♻️ Platten und Pflaster wiederverwenden: Upcycling mit Biotop-Bonus
Was tun mit den alten Platten und Steinen? Ab in den Garten, denn sie sind zu schade zum Wegwerfen:
- Trockenmauern bauen: In den Ritzen nisten sich Eidechsen, Spinnen und Wildbienen ein.
- Steinhaufen anlegen: Ein bisschen chaotisch stapeln oder einfach in deiner wilden Gartenecke auskippen – kleine Tiere lieben solche Rückzugsorte.
- Trittsteine & Couch-Ecke: Gestapelt entstehen auch Sitzplateaus, Beetumrandungen und Plattenwege durch die Gemüsebeete.
Oder du lässt die Platten und Steine vom Tegeltaxi abholen – wenn es eins gibt. Erkundige dich am besten vor Ort.

Zur Motivation: Fotos, die gute Laune machen









💚 Fazit: Abpflastern ist gelebte Selbtwirksamkeit
Abpflastern ist mehr als ökologische Notwendigkeit:
Es ist lokales Engagement, Gemeinschaftsspaß und Vorgarten-Kunst in einem.
Zusammen graben, schwitzen, lachen – und sag Ende ist es schöner als vorher. Wenn du also Lust auf ein kleines Stück Zukunft hast, das blüht und Leute zusammenbringt: Schnapp dir Spaten, Stauden und deine Leute. Und leg los!
🌼 Dein Garten ist nicht einfach ein Außenbereich. Er ist ein Lebensraum – und du kannst ihn gestalten. Stein für Stein.
