Blick in den Vortragssaal auf den Naturgartentagen 2025

Naturgartentage 2025 in Hagen – kleine Zusammenfassung für alle, die nicht da waren

Inhalt

Am vergangenen Wochenende, vom 06. bis zum 09. Februar 2025, habe ich – fixer Termin jedes Jahr zum Ende des Winters! – an den Naturgartentagen in Hagen teilgenommen und bin immer noch ganz hibbelig und beseelt von so viel Input. Da dachte ich mir, ich könnte euch ja mal davon berichten.

Die Naturgartentage in Hagen sind die größte Tagung rund um naturnahe Gärten, Freiräume und Landschaften im deutschsprachigen Raum – und seit mehreren Jahren eines meiner Highlights des Jahres! Denn an keinem anderen Ort treffe ich so viele tolle, spannende und liebe Menschen und lerne so viel Neues für meinen Beruf und meinen eigenen Garten.

Die Naturgartentage werden von „unserem“ Dachverband, dem Naturgarten e.V. ausgerichtet, und das schon seit vielen Jahren. Weil die Teilnehmerzahlen in den letzten Jahren in die Höhe gingen, findet die Tagung seit 2022 nicht mehr wie bislang in Heidelberg, sondern in der Stadthalle Hagen statt.

Mitgliedertag am 06. Februar: Rund um Vereinsaktivitäten und Arbeitskreise

Am ersten Tag der Naturgartentage dreht sich traditionell alles um das Vereinsleben des Naturgarten e.V. – schließlich ist der Verein überaus aktiv und hat inzwischen über 4500 Mitglieder (Stand Ende 2024), die sich ehrenamtlich in den verschiedensten Regionalgruppen, Fachbereichen und Arbeitsfeldern engagieren. Wer neu im Verein ist, hat hier die einmalige Gelegenheit, alle mal kennen zu lernen.

Während der Vormittag für Informationsaustausch und Bekanntgabe von allerhand Neuigkeiten und Entwicklungen vorbehalten war, gab es am Nachmittag drei unterschiedliche Angebote, in denen man sich zwischen ganz unterschiedlichen Arten von Input entscheiden konnte:

World Café mit Austausch rund um Themen des Vereins

Hier konnten die Mitglieder sich an verschiedenen Tischen über ein breit gefächertes Angebot an Themen austauschen und informieren: vom Einblick in die Naturgartenplaner:innen-Ausbildung über Finanzierungsmöglichkeiten für naturnahe Projekte bis hin zur erfolgreichen Ansprache von Kommunen und öffentlichen Einrichtungen bezüglich Biodiversitätsschutz etc.

Uhu-Exkursion – gleich nebenan!

Die Stadthalle Hagen liegt in einem ehemaligen Steinbruch. In diesem Jahr gab es das besondere Highlight, einen ganz besonderen Bewohner näher kennen zu lernen: den Uhu! Mit Expertenbegleitung ging es auf Spurensuche für alle, die lieber an der Luft als drinnen sind 🙂 .

Workshop zum Thema „Ökologie von rechts: Rechtsextreme Ideologien im Natur- und Umweltschutz“

Ein wahnsinnig wichtiger Workshop fand hier statt von der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN), der ein gerne vernachlässigtes Phänomen thematisiert: nämlich wie die extreme Rechte historisch und aktuell die Themen des Natur- und Umweltschutzes „kapert“ und wie man dies heute identifizieren und sich dagegen wappnen kann. Da wird auch sehr klar, warum es wichtig ist, als Verband oder Organisation im Naturschutz politisch klare Stellung zu beziehen.

Ich beiße mir deswegen ein bisschen in den Po, dass ich nicht schon am Donnerstag vor Ort war, zumal bei mir hier in der Lüneburger Heide völkische Siedler und historisch verklärte Pseudo-Volks-„Heidedichter“ durchaus ein Thema sind – vielleicht habt ihr schon „Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemans gelesen?!

Freitag, 07. Februar: Tagesthema Biodiversität und Klima

Am Freitag ging es mit den Naturgartentagen 2025 dann richtig los! Der Vormittag enthielt zwei Vorträge, der Nachmittag jede Menge Workshops und einen weiteren Vortrag.

Vortrag: Zwischen Dürre und Starkregen: Entwicklung der Biodiversität im Klimawandel

Nach der offiziellen Eröffnung hielt Prof. Dr. Eckhard Jedicke den ersten Vortrag der diesjährigen Tagung. Als Landschaftsentwickler im Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT) berichtete er von der notwendigen Transformation von Landnutzungssystemen im großen Maßstab als sogenannte „Überlebensökologie“. Diese soll und muss perspektivisch die Ziele des „klassischen“ Natur- und Umweltschutzes ablösen – um die Bedingungen für das Überleben aller, uns eingeschlossen, zu erhalten.

Bisher waren einzelne bedrohte Arten oder Biotope der traditionelle Fokus von Natur- und Umweltschutz – aber angesichts der aktuellen schwerwiegenden Auswirkungen der Biodiversitätskrise scheint es obsolet, sich auch noch auszusuchen, wer oder was geschützt wird. In der „survival ecology“ liegt der Blick auf ganzen Kulturlandschaften, um das Überleben von Arten zu sichern:

  • Extensive Weidelandschaft
  • Kleinteilige Mosaiklandschaft
  • Schwammlandschaft
  • Auendynamik
  • Diversifizierte Waldnutzung

Empfehlung an uns alle: Aktuelle Naturschutzkonzepte in Frage stellen und statt dessen prozessorientierte und dynamische Ansätze finden – die weniger Verwaltungsleistung binden und „über den Tellerrand“ bisheriger punktueller Bemühungen hinausgehen!

Prof. Jedicke auf den Naturgartentagen 2025

Vortrag: Klima-Bäume: Zukunftsfähige Arten für das Klima

Gleich danach widmete sich Dr. Ulrike Aufderheide, quasi eine Institution als Rednerin auf den Naturgartentagen, dem Thema Bäumen in der Stadt und der aktuell heißen Diskussion, welche Bäume den Klimawandel erstens gut vertragen und zweitens auch für uns Menschen erträglich machen. Denn aktuell gibt es in der EU Pläne für die Pflanzung von Milliarden von neuen Bäumen, und anderswo fallen ganze Bestände dem veränderten Klima zum Opfer.

Die Empfehlungen gängiger Regelwerke haben oft einen Haken: Sie scheren sich nicht um den Wert der Bäume für die hiesige, ebenfalls bedrohte Biodiversität. Und vor Ort werden insbesondere alte, große Bäume immer noch viel zu oft in ihrer Bedeutung für Klima, Artenreichtum, menschliche Gesundheit und urbane Ästhetik komplett verkannt.

Im aktuellen Natur&Garten-Heft Stadtbäume: Biodiversität und Klima gibt es die ausführliche Version des Vortrags zum Nachlesen inklusive den besten naturnahen Baumempfehlungen!

Workshop: Nachthimmel bewahren: nachhaltige Beleuchtung und Reduzierung von Lichtverschmutzung

Über diesen großartigen Workshop habe ich einen separaten, ausführlichen Artikel geschrieben, denn das Thema ist sooo wichtig und spannend! Dr. Andreas Hänel, seines Zeichens Astronom und Physiker, ist von zu viel Lichtverschmutzung am Nachthimmel genauso genervt wie Milliarden von Tieren und Menschen. Also hat er uns nicht nur eine Menge Grundlagen über Licht und seine Messgrößen und Zusammensetzung vermittelt, sondern sehr konkret gezeigt, wie wir Lichtverschmutzung am Nachthimmel ganz wirksam reduzieren und dabei auch noch möglichst wenig Tiere stören, ohne selbst im Dunklen zu tappen.

Hier geht es zum Beitrag über umweltfreundliche (Garten-)Beleuchtung!

Vortrag: Biodiversität fördern: Pflanzendächer für den Klimawandel optimieren

Den Nachmittags-Vortrag von Dr. Reinhard Witt kannte ich bereits aus meiner Ausbildung – und habe ihn diesmal als Auffrischung genutzt. Im Laufe seiner über 30 Jahre als Planer für naturnahes Grün hat Reinhard über 60 Gründächer konzipiert, bepflanzt und ihre Entwicklung und Veränderungen über die Jahre untersucht.

Für die Zukunft der grünen Dächer fasse ich seine Empfehlungen kurz zusammen:

  • Im Idealfall plant man mit mindestens 15, besser 25 cm Substrathöhe – und das Substrat sollte auf jeden Fall mehr als 50 % seines Volumens an Wasser aufnehmen können! Er rät ab von günstigem Ziegelsplitt.
  • Auch ein „Flachdach“ sollte für ein abwechslungsreiches Kleinklima modelliert werden und Hügel, Steinhaufen und Totholzstrukturen haben. Wer Angst um die Statik hat, kann über tragenden Wänden oder Stützen „aufmodellieren“.
  • Apropos Statik: 2 cm Kompost wiegen fast nichts, sind aber ein guter Poster für die Artenvielfalt, indem sie bereits mehr Pflanzen das Überleben ermöglichen!
  • Die Saatgutmischung sollte möglichst artenreich sein, jedoch am besten keine Gräser (werden zu dominant) und wenig Sedum enthalten.
  • Mit sogenannten Schubschwellen kann auch eine Dachneigung von bis zu 45° begrünt werden.

Hier der Substrat-Tipp für Dachbegrünungen vom Meister! 🙂

Samstag, 08. Februar: Tagesthema Vielfalt lebt – Pflanzen & Tiere

Der zweite Tag der Naturgartentage in Hagen war ähnlich aufgebaut wie der vorherige: mit zwei Vorträgen am Vormittag und Workshops am Nachmittag sowie einem Abendvortrag.

Vortrag: Gründächer als Lebensraum für seltene und gefährdete Käfer: Ihr Potenzial entdecken

Als perfekte Anknüpfung an den Gründach-Vortrag vom Vortag berichtete Dr. Hannes Hoffmann von der Hamburger Umweltbehörde von einem Käfer-Monitoring des Hamburger Artenkatasters auf acht verschiedenen Gründachern in der Hansestadt. Trotz oft nur geringer Substrathöhe und damit wenig Pflanzen außer Sedum bieten diese Dächer allein 280 verschiedenen Käferarten ein Habitat. Viele dieser Käfer sind bislang erst an wenigen Orten überhaupt gefunden worden.

Vortrag: Kardengewächse im Naturgarten: Dipsacoideae entdecken

Die Vorstellung von besonders schönen und spannenden Pflanzenfamilien ist ein Klassiker der Naturgartentage! Christopher Livingstone von der Wildpflanzengärtnerei Strickler hat uns tolle Empfehlungen aus der Familie rund um die Wilde Karde für naturnahe Gärten und Grünräume vorgestellt. Zu den Karden gehören übrigens auch die Skabiosen, die Succisa und die Knautien – nicht aber die Disteln 🙂 .

Wenn ihr ein paar tolle Pflanzen aus dem Vortrag ausprobieren wollt, dann sucht mal in der naturaDB nach dipsacus pilosus, knautia arvensis, scabiosa triandra oder scabiosa lucida 🙂 .

Workshop: Robinienholz – Vielseitiger Werkstoff für naturnahe Gestaltung

Zwischendurch mal ein bisschen mehr über das meist verwendete Holz im Naturgarten und Natur-Erlebnis-Raum lernen und bisschen sägen, bohren und schleifen: Das ging hier mit Manuel Rottmann von baumarbeit.ruhr. Denn auch wenn die robinia pseudoacacia als lebender Baum an sich hierzulande invasiv ist und nur der Honigbiene nützt, liefert er wunderbar widerstandsfähiges Holz, das gerade unbehandelt im Außenbereich tolle Dienste tut.

Vortrag: Nonplusultra-Pflanzen: die allerbesten Pflanzen für den Insektengarten

Nein, sie wurden nicht alle vorgestellt – das habt ihr nicht verpasst! 😉 Aber Dr. Michael Schwerdtfeger, Gartenkustos im Alten Botanischen Garten der Uni Göttingen, hat das entsprechende Buch verfasst und hier einen Einblick in seine Arbeit und seine Bewertungskriterien gegeben.

Der Vortrag war einfach super erfrischend und teil auch bewusst provokativ gehalten – insbesondere zum dehnbaren Begriff „heimisch“ gab es interessante Anmerkungen. Was ihr jetzt noch zum Buch wissen müsst, ist, dass der Fokus der Pflanzenauswahl auf Wildbienen und andere Bestäuberinsekten gerichtet ist – nicht auf blattfressende Krabbeltiere.

Damit waren die zwei Haupt-Tagungstage auch schon zu Ende – aber auf die abschließende, jedes Jahr wieder lustigste Fachtagungsparty aller Zeiten war auch in diesem Jahr wieder hervorragend Verlass 🙂 !

Sonntag, 09. Februar: Tagesthema Wunderwelt Garten

Der Sonntag ist traditionell nur ein halber Tagungstag und zum Ausklang positiven Fakten und Bildern rund ums naturnahe Arbeiten vorbehalten. In diesem Jahr konnten wir gleich in zwei Vorträgen wunderbare Fotografien ansehen und nebenbei jede Menge neue Tiere und ihre Lebensweisen kennen lernen.

Vortrag: Gartenfauna entdecken: Wie viele Arten leben in meinem Garten?

Lennart Bendixen hat vor 14 Jahren einen Garten im hohen Norden gekauft und naturnah gestaltet. Seitdem entdeckt er mit seiner Kamera, wer darin alles so lebt: vom Damwild bis zur 0,12 mm großen Milbe im Totholz. Wenn er nicht draußen fotografiert, ist er Insektenkundler am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) in Kiel – und hat unter den über 2000 Tieren in seinem Garten auch eine bis dato unbekannte Schlupfwespen-Art entdeckt und benennen dürfen!

Lennart Bendixen hält regelmäßig Vorträge, und weil dieser so großartig war: Guckt mal unbedingt, ob ihr es zu einem davon schafft! Hier ist die Übersicht.

Vortrag: Lebendiges Totholz: Die verborgene Wunderwelt im Wald und Garten

Den Abschluss bildete Farina Graßmann, die als Naturfotografin, Autorin und Referentin rund um den Naturschutz unterwegs ist. Über die Wunderwelten, die sie mit ihrer Kamera entdeckt, hat sie schon mehrere Bücher geschrieben und mit Fotos ausgestattet.

Neben dem Buchdrucker, der den Harz ungeplant von seiner Fichtenmonoklultur befreit hat (und Letzterer jetzt großflächig neues Leben entwickelt), haben wir faszinierende Pilze und die Erbauer und Bewohner von Baumhöhlen kennengelernt. Und auch der aktuelle Held der Staudämme kam ins Bild – und ich weiß endlich, wieso er so orangefarbene Zähne hat! (Nein, das müsst ihr googeln 😉 )

Und zwischendrin: Fräulein Brehms Tierleben

Dieses Jahr gab es erstmals ein Rahmenprogramm auf den Naturgartentagen in Hagen, und was für eins: Das einzige Theater der Welt für gefährdete heimische Tierarten! Denn eigentlich packt Fräulein Brehms Tierleben alias Barbara Geiger, das Fräulein herself, in jede Episode ihrer „artgerechten Unterhaltung“ mindestens noch das geballte Wissen und die wunderbaren Bilder eines ganzen Vortrages! Nur eben lustiger und mit ganz viel Energie 🙂 . Und so haben wir neben ihren „Klassikern“ Hymenoptera – Die wilden Bienen und Lumbricus terrestris – Der Regenwurm auch ein neues Programm über Schmetterlinge genießen können.

Fazit: nächstes Jahr wieder!

Seit 2022 sind die Naturgartentage für mich ein jährliches Highlight, und mittlerweile sind sie auch eine Art Klassentreffen und ein unerschöpflicher Austausch-Pool von Wissen, Neuigkeiten und Netzwerken. Und mir ist wichtig zu erwähnen, dass ihr, um dort teilzunehmen und auch ganz viel mitzunehmen, nicht selbst Expert:in rund um Garten, Pflanzen und Insekten sein müsst. Also: wer Lust hat, jede Menge super nette Gartenfreaks kennen zu lernen, kann sich den 06.02.-09.02.2026 schon mal vormerken!

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