Der Schein trügt beim Schmetterlingsflieder
Ein farbenfroher Anblick, der zahlreiche Schmetterlinge in den Garten lockt – der Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) wird oft als DIE bei Faltern beliebte Pflanze gepriesen. Ursprünglich aus China und Tibet stammend, fand dieser blühende Strauch ab dem frühen 20. Jahrhundert den Weg in europäische Gärten. Im Marketing ist er sogar der Inbegriff des „insektenfreundlichen“ Gartens. Tausende von Sommerfliedern werden jedes Jahr an Menschen verkauft, die „Schmetterlingen etwas Gutes tun“ wollen.
Doch leider hat sich der einst so geschätzte Sommerflieder stellenweise zu einer ernsthaften Bedrohung für die Umwelt entwickelt, da er als sogenannter invasiver Neophyt in unseren Breitengraden keine natürlichen „Fress“feinde (siehe hier) besitzt bzw. nicht Teil des regionalen Ökosystems ist. In der Schweiz und anderen Ländern steht er bereits auf der schwarzen Liste und darf nicht mehr verkauft werden.
Ein invasiver Neophyt: Warum der Schmetterlingsflieder problematisch ist
Der Schmetterlingsflieder mag auf den ersten Blick ziemlich harmlos aussehen. „Bei mir im Garten ist er aber überhaupt nicht ausbreitungsfreudig!“ hört man oft. Das stimmt auch mit Sicherheit: Auf nährstoffreichen Böden bleibt die Buddleja meist sehr zahm. Sie ist eine Pionierpflanze sehr magerer, trockener Böden. Und auf die gelangt sie aus den Gärten über ihre leichten Samen, die sehr weit fliegen können, und fasst viel lieber auf Brachflächen wie Flussufern, Bahndämmen oder verlassenen Industriearealen Fuß. Schon mal gesehen? Dort entstehen in kürzester Zeit regelrechte Buddleja-Monokulturen.
Hinterf#§z1ger Eroberer: Wie der Schmetterlingsflieder Magerstandorte bedroht
Jetzt könnte man sagen, na super, aber was gehen mich der Bahndamm oder andere Un-Orte an? Fakt ist (leider): Unsere gesamte Landschaft ist so optimiert und zugedüngt und mit Stickstoff aus der Luft angereichert, dass trockene, magere Brachen zu wertvollen Refugien werden!
In diesen selten gewordenen Biotopen leben oftmals Spezialisten für Mager- und Trockenböden. Mit dem Schwinden der Magerstandorte durch den allgegenwärtigen, hohen Nährstoffeintrag sind auch diese Spezialisten zunehmend bedroht.
Kommt nun die Buddleja dazu, wandelt sie den Boden dieser Biotope im Nu um: Unter ihren weit herunterhängenden Zweige mit viel Blattmasse sammeln sich Laub und andere organische Reste. Das reichert den Boden schneller als sonst mit Nährstoffen an. Der Magerstandort verschwindet, wird zu einem nährstoffreichen 08/15-Standort, und mit ihm verschwinden die vielen, ohnehin schon seltenen Spezialistenarten.
Angesichts dieser negativen Auswirkungen haben einige Länder, darunter auch die Schweiz und das Vereinigte Königreich, bereits Maßnahmen ergriffen, um den Verkauf und die Verbreitung des Schmetterlingsflieders einzuschränken. Die schwarze Liste für invasive Pflanzenarten soll dazu beitragen, das Bewusstsein für dieses Problem zu stärken und den Gartenliebhabern alternative, nicht-invasive Pflanzen zu empfehlen.
Täuschung im Garten: Die trügerische Attraktivität für Schmetterlinge
„Aber er ist doch so wichtig als Nahrung für Schmetterlinge!“
Wenn man sich die Blüten des Schmetterlingsflieders genauer anguckt, stellt man Folgendes fest:
- Die Blüten sind sehr schmal und tief und haben unten auch noch Haare, die wie eine Reuse wirken: rein ja, raus nicht. Außer Schmetterlingsrüsseln kommt fast niemand so tief in eine Blüte hinein. Winzige Insekten können auf den Grund krabbeln – aber sie kommen wegen der Reusenhaare nicht mehr heraus, sondern verenden in der Blüte.
- Eine wirklich winzige Menge Pollen sitzt etwa auf der Hälfte – sie ist so klein, sie nützt kaum einem Insekt etwas.
- Der Nektar sitzt noch weiter unten in der Blüte. Auch diese Menge ist wirklich winzig und schnell „aufgebraucht“
Der „Nährwert“ der Buddleja hält sich also stark in Grenzen!
Warum „fliegen“ dann die Schmetterlinge so auf die Buddleja?
Wegen eines fiesen Tricks: Der Nektar hat nicht viel zu bieten, verfügt aber über sehr starke Lockstoffe. SO stark, dass er alle möglichen Insekten magisch anzieht. Auch wenn die Blüte schon keinen Nektar mehr enthält, werden immer noch Schmetterlinge angelockt und testen verzweifelt alle Blüten durch, um Nahrung zu bekommen. Statt zu aussichtsreicheren Essensquellen weiterzufliegen, vergeuden sie hier wertvolle Zeit und Energie.
Hinzu kommt: Die Wirkstoffe stehen im Verdacht, die Schmetterlinge regelrecht zu „bedröhnen“, also wie eine Droge benommen zu machen und ihre Instinkte und damit ihre Überlebensfähigkeit zu schwächen.
Womit sich die Buddleja, freundlich gesagt, auch zu einer #arschlochpflanze qualifiziert.
Alternativen: Nachhaltige Pflanzen für einen insektenfreundlichen Garten
Zusammengefasst kann, nein, muss man sagen: Buddleja davidii, „unser Schmetterlingsflieder“, ist keine wirklich nette Pflanze. Als gut besuchter „Schmetterlingsmagnet“ mag der Strauch zwar auf den ersten Blick verlockend sein – nur steckt halt nicht viel hinter der Fassade, im Gegenteil.
Fazit: Verantwortung im eigenen Garten übernehmen
Natürlich haben auch einheimische Pflanzen ihre fiesen Tricks, um sich Insekten anzulocken oder vom Leib zu halten. Aber wenn wir schon etwas für die Schmetterlinge tun wollen, dann sollten wir als verantwortungsbewusste Gärtner und Naturfreunde unseren Beitrag zum Erhalt ihres natürlichen Lebensraumes leisten – und zu dieser Verantwortung gehört eben auch, die Ausbreitung invasiver Arten wie dem Schmetterlingsflieder einzudämmen.
Indem wir uns für heimische Pflanzenarten entscheiden und uns über die potenziellen ökologischen Auswirkungen unserer Gartenpflanzen informieren, tragen wir dazu bei, die regionale Flora und Fauna zu schützen.